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Mindestens zwei Katastrophen ereigneten sich dieses Wochenende in der Facebook-Down-Syndrom-Szene!

Es gibt einen Lübecker Blog, in dem eine Mutter von ihrer heilen Familienwelt mit ihrem Ehemann, ihrer Sandkastenliebe, ihren drei Herzenskindernund allem, was sie selber kocht, backt, bastelt usw. berichtet. Also ganz viel Glitzer, Puderzucker und Harmonie - alles zuckersüß, deshalb heißt der Blog wohl auch so: https://www.zuckersuesseaepfel.de/

Dank diverser Auszeichnungen dürfte das Ganze vermutlich auch gutes Geld abwerfen. Influencer nennt man neudeutsch, Meinungsführer in der digitalen Welt, die deshalb als Träger für Werbung in Frage kommen.

Da wird nun ein Erziehungsratgeber vorgestellt - guckst Du HIER!  Warum dänische Kinder glücklicher und ausgeglichener sind. Und was passiert? Bei Instagram wurden die Themen "hyggelig" und "glückliche dänische Kinder" aufgegriffen, um darauf hinzuweisen, daß aufgrund des in  Dänemark bezahlten Pränataltests Kinder mit Down Syndrom gar nicht erst zur Welt kommen und deshalb gar nicht erst die Chance haben, glücklich zu werden. Die Bloggerin hat diese Kommentare gelöscht, was nun zur Aufregung führte.

Ich hätte diese Kommentare auch gelöscht. Wenn ich von einem Erziehungsratgeber berichte, hab ich keinen Bock auf eine Abtreibungsdiskussion. Und ich verstehe auch nicht, warum man überhaupt in dieser Form kommentiert. Soll ich jetzt unter jedem Hotdog darauf hinweisen, daß in Dänemark der Pränataltest bezahlt wird?

Parallel sollten wir zukünftig auch bei jedem deutschen Erziehungsbuch darauf hinweisen, daß der PraenaTest® in Deutschland Kassenleistung ist. Spätestens im Sommer wird es so weit sein. Ich empfinde diese Form des übereifrigen Missionierens als abstoßend und der Sache nicht dienlich.

 

Katastrophe II:

Die bekannte Zeitschrift "Eltern" erdreistet sich doch tatsächlich, einen Erfahrungsbericht einer Frau zu veröffentlichen, die sich aufgrund der "Diagnose Down-Kind" für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet. Die Geschichte ist eine der Titel-Stories der aktuellen Ausgabe. Ich lese die Zeitung nicht und werde sie auch nicht deswegen kaufen. Der Inhalt stößt natürlich nicht auf Begeisterung. Die Wogen schlagen jedoch doppelt hoch, weil dieses im heiligen Monat März geschieht! Im Monat des Welt-Down-Syndrom-Tages. Dieses wird als total geschmacklos empfunden, als Schlag ins Gesicht aller, die sich beim Welt-Down-Syndrom-Tag engagieren und Öffentlichkeitsarbeit machen.

Ob es Unkenntnis des Redakteurs war oder ganz bewußt initiiert (wovon ich eher nicht ausgehen würde), weiß man natürlich nicht. Auf alle Fälle kann man das so nicht akzeptieren und alle bewerten das Magazin nun negativ (keine Kaufempfehlung).

Mir fehlt irgendwie das Aufreg-Gen. Ich kann nicht verstehen, warum alle unter der Decke kleben. Das ist wie Weltfischbrötchentag und bei Chefkoch wird ein Rinderbratenrezept gepostet. Ich kann mir als Fischbrötchenfan sicherlich was anderes wünschen, aber ist das der Weltuntergang?

 


 Ergänzung um das Statement der Bloggerin aus einer öffentlichen Facebookgruppe:

"Hallo alle zusammen, ich bin Tanja von "Zuckersüße Äpfel", die den Kommentar unter dem Instagram Bild mit dem dänischen Buch gelöscht hat. Das habe ich getan, weil es ein sehr provozierender Beitrag über das Abtreibungsgesetz in Dänemark war und ich habe es ehrlich gesagt nicht verstanden, was so ein Beitrag unter einem dänischen Erziehungsratgeber zu suchen hat? Es blieb ja leider nicht dabei, sondern es folgten weitere provokante Kommentare, die rein gar nichts mehr mit dem Thema zu tun hatten. Was soll das bringen?
Nun kam der Unmut auf, ich hätte diese gelöscht, weil ich Pro-Abreibung sei. Oder halt eine Bloggerin sei, die keine negativen Diskussionen zulässt, weil es eine bezahlte Kooperation war.
Buchrezensionen von kleinen Verlagen werden grundsätzlich nicht bezahlt, genauso wenig wie Werbung für Behindertenwerkstätten, wie die Troxler Werkstätten oder die Lübecker Marli Werkstätten, für die ich seit Jahren regelmäßig kostenlos Werbung mache. Ich habe Sozialpädagogik und Heilpädagogik studiert und viele Jahre nach meinem Studium in der Frühförderung gearbeitet. Dort habe ich über 15 Kinder mit Down Syndrom betreut, deren einige Eltern Teil dieser Gruppe sind. Auch zwei meiner engsten Freundinnen haben Kinder mit Down Syndrom.
Ich habe viele Jahre ehrenamtlich Eltern von Kindern mit Down Syndrom die Gebärdensprachunterstütze Kommunikation beigebracht, an meinen freien Abenden und Wochenenden. Und wer etwas recherchiert hätte, wüsste das ich mehrere Bücher über Hörbehinderung geschrieben habe und meine Diplomarbeit über gehörlose Kinder in Uganda. Auch eine Form von Behinderung!
Durch meine Arbeit weiß ich, dass man in Deutschland sofort einen Termin zur Abreibung bekommt, auch wenn man deutlich sagt, man möchte das Kind. Und das diese auch von den Krankenkassen übernommen wird! Daher verstehe ich nicht, warum über Dänemark hergezogen wird? Und ich verstehe nicht, warum Eltern, die sich für ihre Kinder mehr Menschlichkeit wünschen, in dieser Gruppe so über eine ihnen unbekannte Person herziehen, dass es einem fast sprachlos macht.
Ich habe übrigens dänische Verwandtschaft, meine Mutter war Dänin! Und ein Großteil meiner Onkel, Tanten und Cousinen arbeitet seit vielen Jahren in Dänemark ehrenamtlich in der Behindertenhilfe. Ich habe sie schon oft begleitet und hatte nicht einmal das Gefühl, das es den Menschen mit Behinderung dort schlechter geht, sondern das es ein großes soziale Gefüge gibt, das sich um sie kümmert. Vielleicht sollte man mal etwas mehr Werbung dafür machen, dass sich auch in Deutschland mehr Menschen ehrenamtlich engagieren. Anstatt die Menschen mit solchen provokanten Kommentaren völlig zu verschrecken.
Und zum Thema „Waldorf“, wie schade! Unsere Waldorfeinrichtungen, egal ob Kindergarten und Schule, engagieren sich sehr stark in der Behindertenhilfe und es gehen viele Kinder mit Down Syndrom glücklich in die Einrichtungen hier in Lübeck."

 

 

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