In Lübeck ist Hansekultur-Festival 2016 und die ganze Stadt ist bei strahlendem Sonnenschein auf den Beinen und genießt die festliche geschmückten Straßen. Wir waren in der Rosenstraße und haben einen Abstecher in den entzückenden schmalen "Rosengang" gemacht, um diesen zu besichtigen. Vor uns überlegt eine Familie mit drei hübschen gesunden Kindern, ob sie es uns gleich tun soll. Der Jüngste war vermutlich um die 4 Jahre alt und etwas lustlos unterwegs. Schnell schoß er sich auf mich ein. Ich saß fröhlich lautierend (in normaler Lautstärke) in meinem Rehabuggy, schwenkte meinen Hasen und wippte mit den Beinen. Der Knirps ließ verlautbaren: "DER nervt!"
Diesen Satz wiederholte er monoton. Bestimmt 10x. Jedes Mal eine Spur lauter und aggressiver. "DER nervt!"
Die Mutter sagte dann irgendwann zu ihm: "Der kann nix dafür." und zeigte den größeren Kindern etwas. Der Knabee machte weiter: "DER nervt!"
Mutti wollte ihn sich gerade zur Brust nehmen, da trafen wir eine Kollegin, die meine Eltern seit 10 Jahre nicht gesehen hatten und dann war die kleine Nervensäge in dem Moment auch egal.
Warum schreibe ich das? Weil es mich beschäftigt, wie man den Jungen am besten angesprochen hätte.
Hätte Mutti einfach gesagt: "Ist was?" oder "Du nervst mit Deinem "DER nervt!" auch!" (und das war so - Mutti hätte ihm schon 3x Klebeband über den Mund gemacht, wenn der immer so ist), dann wäre das vermutlich als billige Retourkutsche aufgefaßt worden und hätte im Zweifelsfall zu Ärger mit den Eltern geführt.
Den Jungen ansprechen und ihm freundlich erklären, daß ich einen Scheißstart ins Leben hatte und es Komplikationen gab und das ich deshalb so bin. Und das man von ihm, als großen und intelligenten Jungen erwarten würde, daß er sich anders verhält und nicht (auch) rumnervt.
Wäre die Ansage okay gewesen oder überfrachtet? Hätte der Junge das verstanden? Wäre das zu komplex gewesen? Setzt Mutti da zu viel Grips voraus?
Für eine ähnliche Situation in der Zukunft hat Mutti sich jetzt Folgendes zurechtgelegt: "Er kann sich nicht anders äußern." Und situationsabhängig noch "Du redest ja auch die ganze Zeit. Warum sollte mein Sohn das nicht auch tun?"
MERKE: Spontanität will gut überlegt sein! ;-)
Und das gefällt Mutti besser als einfach ignorieren oder die andere Mutter ansprechen.